Info-Portal
Brexit
Newsticker
+++   Hofmann Law Group startet Mandanten-Info-Portal zum Brexit. (31.12.2020 - 16:23)  

Die Brexitabkommen

Vorwort

Bevor wird damit beginnen, uns mit der jetzt entstandenen neuen Rechtslage zu befassen, ist zu deren Verständnis ein kurzer Rückblick erforderlich.
Das Vereinigte Königreich ist im Jahre 1973 der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beigetreten, die schon seinerzeit als Staatenbund organisiert war. Das Verhältnis der Mitgliedstaaten hat sich nach und nach inhaltlich vertieft, was in verschiedenen Mitgliedsstaaten mit Unzufriedenheit quittiert wurde. In Großbritannien war wohl aus Gründen der vormaligen Weltmachtstellung die Neigung, Kompetenzen an ein supranationales Organ abzugeben, immer besonders gering. Richtig glücklich wurde das Königreich mit seiner Zugehörigkeit zur Europäischen Union innerlich nie. Es hat auch immer auf Sonderrechte gepocht.


Zum Funktionieren des zoll- und hindernisfreien Handels zwischen den europäischen Nationen mussten zahlreiche Hemmnisse abgebaut werden.


Dies ging einher mit dem partiellen Verlust der nationalen Souveränität. Das Regelwerk, das einen fairen Handel und das wirtschaftliche Gedeihen des Gesamtraumes voraussetzte, wurde immer dichter und hat zu einer Superbehörde in Brüssel geführt. Gleichwohl funktioniert der Binnenmarkt vortrefflich, wovon wir vor allem in Deutschland nachdrücklich profitieren. Die zum Funktionieren des Marktes erforderlichen Regelungen sind auf der Höhe der Zeit, so dass alle Fragen, die für das Funktionieren des Wettbewerbs und ein erfolgreiches Unternehmertum im Binnenmarkt gelöst werden mussten, erledigt sind.


Aus diesem umfassenden und funktionierenden Regelwerk ist das Vereinigte Königreich am 31.12.2020 ausgetreten und hat nun gegenüber der EU den Status eines Drittlandes. Das zum Austritt geschlossene Abkommen Brexit – Austrittsabkommen (Brexit I) regelt vor allem die Abwicklung der Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU, insbesondere auch die hierbei in Zukunft weiterhin geltenden, aus früheren Verpflichtungserklärungen Großbritanniens den europäischen Institutionen gegenüber eingegangenen Verbindlichkeiten. Ferner wurde mit großer Mühe die Nordirland-Frage gelöst. Schließlich verständigte man sich darauf in einer Übergangszeit bis zum 31.12.2020 einen weiteren Vertrag über die zukünftige Zusammenarbeit in Bereichen des Handels, der Dienstleistungen und sonst interessierender einzelner Regelungsmaterien abzuschließen. Das Austrittsabkommen wurde ratifiziert. Das Handelsabkommen wurde jetzt am 24.12. zunächst schlussverhandelt.


Im Brexit I – Deal wurden vor allem Regelungen, die die Übergangszeit betreffen vereinbart. Darüber hinaus wurden aber auch Regelungen für die Zeit im Anschluss an die Übergangsperiode, die am 31.12.2020 endet, getroffen. Dies gilt vor allem für den Bereich der Justiz. Sachverhalte, die bereits vor dem Ende der Übergangsperiode verwirklicht waren, werden nach den bisherigen zivilrechtlichen Regelungen, also vor allem nach den Rom I - und Rom II – Verordnungen, die die Zuständigkeit des jeweils bestimmenden Rechts regeln, entschieden. Alle Zahlungsbefehle und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die vor dem 31.12.2020 eingeleitet wurden, werden nach den dafür geltenden Regeln abgeschlossen.


Das Brexit II – Abkommen regelt den rechtlichen Rahmen für den zoll- und hindernisfreien Handel mit Gütern und Dienstleistungen. Damit werden allerdings Zollkontrollen zur Einhaltung qualitativer Anforderungen in den jeweils anderen Wirtschaftsbereich nicht ausgeschlossen. Insbesondere muss die Herkunft mindestens der Hälfte der Komponenten eines Wirtschaftsgutes aus dem anderen Teil nachgewiesen werden und es muss die gesundheitliche und technische Unbedenklichkeit von Wirtschaftsgütern bewiesen werden. Auch wird dies zu Schlangen an den Zollabfertigungen führen.


Zu den Dienstleistungen ist bislang nur geregelt, dass Benachteiligungen gegenüber inländischen, sonstigen ausländischen und Bewerbern aus anderen EU-Mitgliedsstaaten nicht vorkommen dürfen. Ferner ist die Aufenthaltsdauer von bestimmten Dienstleistern in Großbritannien zeitlich limitiert worden. Schließlich ist auch klargestellt, dass bei den Dienstleistungen die Qualitätsstandards des jeweils anderen Blocks eingehalten werden müssen. Darüber und über die Fragen, für welche Dienstleistungen eine ausdrückliche Lizensierung nun erforderlich ist sowie welche Behörde dafür zuständig ist, werden noch Ausführungsregeln zu finden sein.


Auf dem Gebiete des Rechtswesens ist zwar eine Zusammenarbeit bei Kriminaldelikten vereinbart worden. Für das wirtschaftlich wichtige Gebiet des Zivil-/Handelsrechts sind aber keine auf der Höhe der Zeit stehenden Regeln vereinbart worden. Hier fallen wir auf multilaterale Übereinkommen zurück, die schon zur Zeit des Beitritts von Großbritannien in die EU bestanden.


Es ist mithin absehbar, das zum Gelingen der Assoziierung des UK an die EU weitere Abkommen auf mehreren Sachgebieten werden folgen müssen.


In den ersten Monaten des Jahres 2021 wird es die größte Herausforderung sein, angesichts großer Regelungslücken zu im Einzelfall praktisch funktionierenden Lösungen zu kommen.

Erste Informationen zum Handelsabkommen

Erste Informationen über das Brexit II-Abkommen zu den Themen: Aufenthaltsrecht, Unternehmensgründung in Großbritannien, Aufenthaltsrecht für Unternehmer, Aufenthaltsrecht für Arbeitnehmer, Marktzulassung für Unternehmen, Marktzulassung für Dienstleistungen gem. den in Teil 2, Titel 2 des Handelsabkommens vom 24.12. 2020 getroffenen Regelungen( Seiten 86 ff).


1. Unternehmerische Betätigung

A) Die unternehmerische Betätigung in Großbritannien ist möglich, auch die Gründung von juristischen Personen für diese Zwecke ist erlaubt. Bedürftigkeitsprüfungen oder Begrenzungen der Anteilsgröße an britischen Gesellschaften finden nicht statt (Art. 2.2).


Benachteiligungen von ausländischen Unternehmen, ausländischen Gesellschaften oder Niederlassungen von ausländischen Gesellschaften gegenüber nationalen Unternehmen und Unternehmen aus Drittstaaten oder anderen Mitgliedsstaaten der EU sind nicht zulässig (Art. 2.3 und Art. 2.4).


B) Diese Regeln gelten auch für grenzüberschreitende Dienstleistungen (Art 3.1 und 3.2).
Das Aufenthaltsrecht für Dienstleister und Unternehmer sowie Manager und Arbeitnehmer von vertraglich gebundenen ausländischen Dienstleistern beträgt längstens ein Jahr, höchstens jedoch bis zum Ende des Dienstleistungsvertrages (Art. 4.4 Abs. 4). Bei Managern mit Entscheidung über Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern beträgt die Aufenthaltsdauer bis zu drei Jahre (Art. 4.2. Abs. 2).


2. Aufenthaltsrecht

Das Aufenthaltsrecht für selbstständig Tätige beträgt bis zu zwölf Monate an einem Stück, längstens aber bis zum Ende ihres Dienstleistungsvertrages in GB (Art. 4.4 Abs. 4).

Kurzzeitgeschäftsreisende für Gründung von Unternehmen oder sonstige Zwecke dürfen sich bis zu 90 Tagen in einer sechs Monatsperiode in Großbritannien aufhalten (Art. 4.2. Abs. 2).


3. Dienstleistungsstandards, persönliche Eignung

Es gibt Rahmenregelungen für die Zulassung und Lizenzierung von Dienstleistungen und Dienstleistern (Art. 5.1) für grenzüberschreitende Dienstleistungen, Gründungen von Gesellschaften, Durchführung eines Projekts oder die Erbringung von Dienstleistungen vor Ort. Soweit die Behörden des UK eine Genehmigung verlangen, stellen sie das Ausbleiben von Benachteiligungen und Schikanen in Verwaltungsverfahren sicher. Sie werden im Gegenteil dafür sorgen, dass das Verfahren in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Die elektronische Beibringung von Unterlagen ist gestattet (Art. 5.4). Jede Benachteiligung gegenüber inländischen Unternehmen, Unternehmen aus Drittstaaten oder Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der EU ist untersagt.


4. Soziale Sicherheit

Soziale Sicherheit insbesondere auf dem Gebiet der Kranken- und Rentenversicherung ist in Part II, Heading Four (Seite 260) in Verbindung mit dem Protocol for Social security coordination (Seite 1132) geregelt.


5. Nichtselbständige Tätigkeit bei einem UK-Arbeitgeber

Nicht selbständige Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis mit einem UK-Arbeitgeber setzt eine vorherige Genehmigung voraus, die dann auch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht umfasst. Die Genehmigung wird nach einem Punktesystem erteilt, in der u.a. die Höhe des Gehaltes, die Englischkenntnisse und die fachliche Eignung eine besondere Rolle spielen.


Ansonsten gibt es nur das allgemeine touristische Aufenthaltsrecht, das aber nicht zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbständigen Tätigkeit in GB berechtigt.


6. Weitere Regelungen zu erwarten

Es wird weitere Regeln insbesondere bei der Erbringung von Dienstleistungen geben müssen. Die Erbringung der für die britische Wirtschaft so wichtigen Finanzdienstleistungen, die ca. 50 % des Exports ausmachen, sind bislang durch das Abkommen nicht gesichert.

Von diesen Regeln dürften dann auch EU-Dienstleister in UK profitieren.

Kontakt

Wir stehen Ihnen gerne bei Ihren weiteren Überlegungen zum Brexit zur Seite. So erreichen Sie uns:


E-Mail: info@hofmann-law.de

Telefon: +49(0)211 / 59-82-95-00

Schreiben Sie uns über unser Kontaktformular.
Alle mit einem * gekennzeichneten Felder müssen ausgefüllt werden.
Diese Website verwendet Cookies.
Dies ermöglicht uns, Ihnen das bestmögliche Nutzererlebnis bieten zu können. Mehr Informationen dazu finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen. Mit der weiteren Nutzung unserer Internetseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
Auswahl übernehmen und speichern
Alle auswählen und speichern